Otto Pfister - Heilsbringer statt Auslaufmodell

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    • 25.10.2007
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    Otto Pfister - Heilsbringer statt Auslaufmodell

    Accra - Die Sieger standen schon vor dem Endspiel um den Afrika-Cup fest: Kameruns deutscher Fußball-Nationaltrainer Otto Pfister und der afrikanische Fußball.
    Mit seinem unkonventionellen Strategiekurs ohne großes taktisches Korsett hat Pfister seine «unbezähmbaren Löwen» überraschend ins Finale gegen Titelverteidiger Ägypten geführt und damit der spielerisch besten Afrika-Meisterschaft überhaupt den passenden Höhepunkt beschert. «Aufregende Grenzenlosigkeit der afrikanischen Fußball-Kunst», nannte Frankreichs Sport-Tageszeitung «L'Équipe» das dreiwöchige Spektakel in Ghana. 3,2 Tore fielen im Schnitt pro Partie, und am Ende bleibt vor allem die Erinnerung an die ungewöhnlichen Methoden des Otto P., der vor Spielbeginn lieber Kuchen in der Kabine verteilt als System-Analysen anstellt.
    «Ich weiß, wie es in Afrika läuft. Du kannst einen afrikanischen Spieler nicht in ein taktisches Konzept zwingen», sagt Pfister und erklärte das Turnier zugleich zu einem rundum gelungenen Fest. 16 Jahre nach seiner ersten Final-Teilnahme als Ghanas Coach weiß der Kölner bei seiner inzwischen neunten Trainer-Station in Afrika, wovon er spricht. Man nehme den richtigen Mix aus nervenstarken Routiniers wie Abwehrchef Rigobert Song bei seinem siebten Afrika-Cup, Torjäger Samuel Eto'o (FC Barcelona) und willigen Ergänzungsspielern wie den Bundesliga-Profis Thimothee Atouba (Hamburger SV), Joel Epallé (VfL Bochum) und Mohamadou Idrissou (SC Freiburg) - und fertig ist das schlagkräftige Ensemble.
    «Ich versuche, die Stärken herauszuarbeiten und befasse mich erst am Ende ein wenig mit dem Gegner», erzählt der 70 Jahre alte Globetrotter, «taktisches Training gibt es nicht bei mir.» Und ein Dasein ohne Fußball auch nicht: «Ich kann ohne Fußball nicht leben. Meine Frau ist Schweizerin. Wenn ich drei Wochen zu Hause bin und den Schnee anschaue, werde ich kribbelig.» Und von wegen Auslaufmodell. Der ehemalige Weisweiler-Lehrling hat Angebote, Nationaltrainer der USA oder Südkoreas zu werden, aber Pfister lebt und liebt Afrika, wo er seit fast 36 Jahren mit wenigen Unterbrechungen arbeitet.
    Die geschmeidige Athletik seiner Facharbeiter und ihre gestalterischen Fähigkeiten verzaubern ihn, und selbst taktische Naivität oder Disziplinlosigkeit seiner Akteure entnerven ihn nicht. Im Gegenteil. Das afrikanische Gefühlskino in all seinen Farben ist sein Lebenselixier. Umso überraschter ist er über das vermeintliche Desinteresse aus der Bundesliga am Afrika-Cup. Scouts, Manager oder Sport-Direktoren aus der deutschen Eliteliga - Fehlanzeige. «Alle sind hier, nur die Bundesliga sehe ich hier nicht. Die sieht man nie», meinte Pfister ungläubig. Dafür weilte Lothar Matthäus in Ghana, angeblich, weil er Interesse an einem Job in Afrika habe.
    Matthäus würde gern bei der WM 2010 als Coach einer Länder-Auswahl mitwirken. Der Ex-Bundesligaprofi Anthony Baffoe als Mittler zwischen verschiedenen Kulturkreisen ist auf jeden Fall in Südafrika dabei. In Ghana der Strippenzieher im Hintergrund, mit dem offiziellen Titel «Direktor für internationale Beziehungen» geschmückt, zog der Diplomatensohn aus Ghana trotz logistischer Probleme zu Beginn und zum Teil enttäuschender Zuschauerzahlen ein positives Fazit: «Alles wurde in Bezug zur WM gebracht. Die Leute haben Afrikas Fähigkeiten gesehen. Früher wurde Afrika meist im Zusammenhang mit Wasserbäuchen und Korruption erwähnt. Nun hat jeder gesehen, dass wir viel Klasse, einen gewissen Standard und vor allem Gastfreundlichkeit haben.»


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